Buchrezension: ‘Ende in Sicht’ von Ronja von Rönne

Die Schriftstellerin Ronja von Rönne schreibt für die ZEIT, philosophiert beim Fernsehsender arte und schreibt Bücher. Vor fünf Jahren erschien ihr Debütroman „Wir kommen“, jetzt folgte ihr zweites Werk: „Ende in Sicht“.

Darin geht’s um zwei Frauen: Hella ist 69 Jahre alt und war mal eine erfolgreiche Sängerin, Juli ist erst 15 Jahre und geht noch zur Schule. Die beiden haben eigentlich wenig gemeinsam, doch was beide wissen ist, dass sie sterben möchten.

Hella, weil sie müde vom Leben ist. Deswegen macht sie sich auf den Weg zur Sterbehilfe in die Schweiz. Mit dem Auto fährt sie quer durch Deutschland in Richtung Süden. Und Juli ist depressiv, hat Panikattacken und stürzt sich von einer Brücke. Und das ist der Moment, in dem sich die beiden Frauen kennen lernen. Juli fällt von der Autobahnbrücke, überlebt aber den Aufprall. Das erste Auto das hält, ist die Schrottkarre von Hella.

Die sammelt das leicht verletzte Mädchen ein und nimmt es erstmal ein Stück in ihrem Auto mit. Hella kann gar nicht verstehen, warum sich eine so junge Frau das Leben nehmen möchte. Aber eigentlich möchte sie Juli möglichst schnell loswerden.

„Hella wollte nicht helfen. Sich um andere zu kümmern war noch nie ihr Ding gewesen, sie hatte ja schließlich mehr als genug mit sich selbst zu tun.“

Ronja von Rönne © Carolin Saage

Aber irgendwie sitzt Juli dann nach jedem Stopp doch wieder auf Hellas Beifahrersitz. Und irgendwie ist die 69-jährige dann doch ganz froh darüber. Zusammen machen sie sich auf Richtung Süden, auf einen Roadtrip. Und so viel darf verraten werden: Die beiden denken nochmal über ihre Entscheidungen nach.

Ronja von Rönne schreibt über zwei Frauen, die eigentlich keine Lust mehr auf das Leben haben. Die Autorin leidet selbst auch – wie ihre beiden Protagonistinnen – unter Depressionen. In einem Artikel in der ZEIT hat sie ein Plädoyer dafür gehalten, Depressionen nicht als Voraussetzung für Kunst zu romantisieren. Denn das Schreiben eines Romans ist harte Arbeit. Und kommt nicht wegen, sondern trotz der Krankheit zustande.

Für Ronja von Rönne ist „Ende in Sicht“ der zweite Roman, den sie geschrieben hat. Aber im Gegensatz zu ihrem Debüt „Wir kommen“ sind die Aussagen nicht mehr so pointiert. Die Schlagabtausche zwischen den Protagonistinnen sind dieses Mal nicht so unterhaltsam. Wenn sich Hella und Juli streiten, wirkt das oft banal. Aber auch bei ihren Versuchen, sich zu unterhalten, bleiben die Dialoge zwischen den beiden Frauen meist ohne Tiefgang. Trotz der vielen Adjektive, mit denen die Autorin die Situationen beschreibt, nimmt der Roman doch selten Tempo auf.

Nichtsdestotrotz schreibt Ronja von Rönne in ihrem Roman „Ende in Sicht“ über ein Thema, das in der Gesellschaft manchmal verdrängt, manchmal romantisiert, und manchmal nicht ernst genommen wird. Depressionen sind eine Krankheit. Und die Entscheidung, sich das Leben zu nehmen – so erfahren wir das bei Hella und Juli – ist eben keine spontane Idee. Und trotzdem, ist sie nicht in Stein gemeißelt.

„Ende in Sicht“ von Ronja von Rönne ist im dtv Verlag erschienen. 256 Seiten kosten 22 Euro.

Aus dem tiefen Süden im hohen Norden gelandet, moderiert Moritz mittwochs die Kulturtankstelle beim Campusradio Kiel. Tiefenentspannt, ohne Schuhe, mit guter Musik und einem kühlen Pils.